Liebe Crypto Bro's & Fiat Freunde

Liebe Crypto Bro's & Fiat Freunde

Ein offener Brief an alle Verwirrten und Skeptiker. Übersetzt aus dem englischen Original von Gigi.

Phil Lojacono

Die heutige Coprnic Ausgabe ist etwas anders als sonst. Und zwar lassen wir heute die eigene Meinung aussen vor und konzentrieren uns auf die Übersetzung des Textes "Dear Crypto & Fiat Bro's" von Gigi. Gigi schreibt unglaublich gute und lehrreiche Texte rund um Bitcoin auf seinem Blog. Meiner Meinung nach schafft er es wie kein Zweiter, komplexe Themen fundiert und packend wiederzugeben. Ein must-follow auf allen Kanälen.

Dementsprechend ist der heutige Blog auch länger als sonst. Aber es lohnt sich, die Zeit zu investieren. Lesezeit ist ca. 20 Minuten. Original wurde zur Blockzeit 763992 veröffentlicht.

Liebe Crypto Bro's und Fiat Freunde

Mittlerweile sollte es offensichtlich sein und doch fürchte ich, es nochmals wiederholen zu müssen: Bitcoin, nicht Blockchain. Bitcoin, nicht Crypto. Bitcoin, nicht “distributed ledger technologies”. Bitcoin, nicht DeFi. Bitcoin, nicht Web3. Bitcoin, nicht CBDCs. Bitcoin, nicht “yield farming”. Bitcoin, nicht zentralisierte Neo-Banken, die dir Papier-bitcoin verkaufen. Bitcoin.

Falls du denkst Bitcoin sei tot, dann wurdest du leider von Journalisten angelogen. Falls du denkst bitcoin sei langsam, alte Technologie, MySpace oder das erste Auto, dann wurdest du von Scharlatanen reingelegt.

Im ersten Fall reibst du dir vermutlich die Hände und sagst “wusst ich’s doch, das ist alles ein Schneeballsystem! Zum Glück habe ich da nicht investiert. Habe ja schon immer gesagt, Bitcoin wird wertlos sein.”

Im zweiten Fall ist die Chance hoch, dass du sehr viel oder gar alles von deiner Investition verloren hast. Vielleicht verweigerst du dich noch der Realität. Vielleicht bist du wütend oder niedergeschlagen. Vielleicht steckt dein vorgeschürfter (Anmerkung des Übersetzers: “pre-mined” bedeutet, wenn sich Gründer vor dem go-live selber viele Coins sichern) World-Computer-Coin bei einem zentralisierten Anbieter und du kriegst sie nicht mehr raus*. Leider gibt es keine Abkürzung durch die fünf Phasen der Trauer. Du musst dich durchkämpfen und dir schlussendlich eingestehen: “Ich besass noch gar nie Bitcoin. Ich hatte lediglich IOU (“I Owe You”) und Papier Bitcoin. Ich war der Zins, der anderen ausbezahlt wurde.”

Sich selber einzugestehen, dass man von Betrügern reingelegt wurde, ist etwas vom Schwierigsten überhaupt. Es bedarf Demut, Stärke, Selbstreflexion und man muss seinen Stolz runterschlucken. Es ist viel einfacher, die Schuld anderen in die Schuhe zu schieben, nachzulegen und zu versuchen, die Verluste wieder wettzumachen. Oder man läuft einfach davon. Schlussendlich wirst du aber realisieren, dass die nackte Wahrheit nur Eine ist:

Du wurdest verarscht. Und du bist ganz alleine dafür verantwortlich.

Sollte das zu akzeptieren momentan noch zu schwierig sein, ok. Mach eine Pause. Konzentrier dich auf Anderes. Verbringe Zeit mit deinen Liebsten, geh in den Wald, geh Fischen oder mach was immer dir hilft, den Kopf frei zu kriegen. Und sobald du bereit bist, versuch dich darauf zu konzentrieren: Bitcoin ist das Signal, der Rest ist Lärm.

Ich schreibe das nicht um nachzutreten, wenn du am Boden liegst. Ich schreibe das, weil ich weiss, dass alle lernfähig sind. Ich schreibe das, weil ich hoffe, dass einige der Crypto Bro’s die Hände nur einmal an der Herdplatte verbrennen müssen. Ich schreibe das auch in der Hoffnung, dass einige der Fiat Freunde endlich verstehen, dass Bitcoin nicht nur anders als alle anderen Kryptowährungen, sondern auch anders als ihre geliebte Fiat Währungen ist. Meine Nachricht an euch ist dieselbe:

Es gibt Bitcoin. Und dann kommt alles Andere.

Bitcoin ist keine App, keine Firma, keine Aktie und keine Investition. Bitcoin hat keinen Verwaltungsrat, keinen CEO und es gibt auch keine Quartalsergebnisse. Es steht niemand hinter Bitcoin und du musst niemandem vertrauen.

Bitcoiner vertreten eine starke Meinung betreffend Bitcoin vs. Crypto - aus gutem Grund. Das eine ist eine Entdeckung epischen Ausmasses. Das andere sind billige Kopien, die schon viel zu lange auf der Welle dieser Entdeckung reiten und dabei Ahnungslose und Kleininvestoren täuschen. “Krypto” ist oftmals ein Sammelsurium von Nerds, die Gelddrucken und Schneeballsysteme entdeckten. Vermeintliche “free lunches”, die inbesondere die Gründer mit viel Marketing- und Buzzword-blabla reich machen.

Krypto lässt sich demnach auch nicht mit Bitcoin vergleichen. Wenn du Bitcoin vergleichen möchtest, dann mit Feuer, der Zahl Null, dem Rad, der Druckpresse oder Elektrizität. Ja, genau so wichtig ist es. Es ist ein autopoietisches und stabiles Netzwerk, welches nicht bankrott gehen kann. Das Gegenteil der Korruption im existierenden Geld.

Es ist komplett neuartig, so tiefgreifend und so speziell, dass es die meisten Menschen nicht verstehen wollen. Und man kann es ihnen nicht verübeln. Die Mehrheit der Menschen weiss nichts über Kryptografie, Netzwerke, Geld oder offene Protokolle. Dementsprechend ist es auch einfach, die Menschen über den Tisch zu ziehen.

Was ist so revolutionär an Bitcoin?

- Bitcoin ist ultimativ begrenzt

- Bitcoin wird unabhängig der Nachfrage zeitlich fixiert kreiert

- Bitcoin kann im Kopf gespeichert werden

- Bitcoin kann in Lichtgeschwindigkeit versandt werden

- Bitcoin kann von allen, günstig und einfach, verifiziert werden

Jeder einzelne dieser Punkte ist an sich schon revolutionär.

Wir hatten noch nie einen liquiden Vermögenswert, der ultimativ begrenzt ist. Wir hatten noch nie eine Währung, die keinen Herausgeber hatte. Wir hatten noch nie ein Handelsgut, welches bloss aus Wörtern besteht. Das ist nach wie vor unglaublich: Lerne 12 Wörter auswendig und flüchte mit deinem ganzen Vermögen, wohin auch immer du willst. Wir hatten auch noch nie schnell transferierbares Geld, ohne dass wir auf Kredit (durch Banken, Kreditkarteninstitute etc.) angewiesen waren.

Lasst mich den letzten Punkt nochmals mit Nachdruck wiederholen: Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit haben wir Geld, welches purer Information entspricht. Es speichert Wert direkt in Bits und Bytes, ohne auch nur einmal einer Gegenpartei ausgesetzt zu sein. Und weil es pure Information ist, kann es in Lichtgeschwindigkeit von einem Kontinent auf den nächsten geschickt werden.

Leider geht aber genau dieses wichtige Feature von bitcoin bei den meisten verloren: Bitcoin ist kein Kredit. Es ist kein IOU (“I owe you”). Kein Versprechen. Man ist nicht angewiesen auf eine Gegenpartei. Keine Verpflichtung wie Geld bei einer Bank. Genau so wie Gold, es ist nichts weiter dahinter. Es ist das erwünschte Gut selber. Es ist Geld - pures, nicht verwässerbares Geld.

Egal ob du ein geprügelter Crypto Bro oder ein Freund des Fiat Geldes bist, ein Faktor von Bitcoin ist besonders schwierig zu akzeptieren: Es funktioniert ohne das irgendjemand verantwortlich ist dafür.

Bitcoin kann man auch gut mit einer Naturgewalt vergleichen. Ungefähr wie Ebbe und Flut oder der Sonnenaufgang im Osten oder der Untergang im Westen. Du kannst dich darüber ärgern oder eine Meinung dazu haben, aber sie hat absolut keinen Einfluss auf den weiteren Verlauf. Die Flut kommt und geht, die Sonne geht auf und wieder unter und Bitcoin produziert einen neuen Block. Alle 10 Minuten.

Amidst attention-grabbing headlines this week that will be talked about for decades, I want to bring your attention to one far more profound and awe-inspiring non-headline: every 10 minutes a new bitcoin block was produced. Every 10 minutes. Every 10 minutes. - Ross Stevens, CEO NYDIG

Bitcoin funktioniert einfach. Wie ein Schweizer (Einschub des Übersetzers :-)) Uhrwerk. Bitcoin funktioniert eben genau, weil man niemandem vertrauen muss. Es funktioniert, weil es auf mathematischen und physikalischen - also Natur - Gesetzen beruht und weil es sämtliche Vertrauensbeweise aus dem System nimmt. Es funktioniert, weil man alles selber verifizieren kann. Es funktioniert, weil es kein von aussen diktiertes, sondern ein selbst wachsendes Ding ist: Gewachsen aus unerbittlicher Validierung und Verifizierung. Es funktioniert, weil du und nur du selbst dafür verantwortlich bist.

Wenn du nicht selbst dafür Verantwortung übernimmt, verwendest du nicht Bitcoin. Du vertraust einer fremden Person oder einer fremden Entität mit ihrer jeweiligen Interpretation von Bitcoin - oder noch viel schlimmer - du vertraust einer anderen Person, deine Bitcoin zu halten.

The root problem with conventional currency is all the trust that's required to make it work. The central bank must be trusted not to debase the currency, but the history of fiat currencies is full of breaches of that trust. Banks must be trusted to hold our money and transfer it electronically, but they lend it out in waves of credit bubbles with barely a fraction in reserve. We have to trust them with our privacy, trust them not to let identity thieves drain our accounts. - Satoshi Nakamoto

Bitcoin wurde erfunden als Antwort auf die Ungerechtigkeiten der Fiat Welt. Es ist dementsprechend eine Technologie für mehr Gerechtigkeit. Aber es ist nur eine Technologie für mehr Gerechtigkeit, wenn du es richtig verwendest: Deine Node, deine Konsens Regeln, deine Schlüssel, deine Bitcoin.

Krypto auf der anderen Seite ist die Fiat Welt auf Steroiden. Oder noch schlimmer, es ist das Fiat System auf Methamphetaminen. Es ist der Glaube, dass ehrliches Geld nicht existiert. Das ist dann auch der Grund, wieso angeblich jedes Projekt, jede Person, jede Börse, jedes Netzwerk, jedes System, jede Community und jede jpg Datei ihr eigenes Geld bräuchte. Es ist ökonomischer Nihilismus.

Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein. Bitcoin beseitigt Seigniorage. Kryptos führen Seigniorage wieder ein. Bitcoin beseitigt den Cantillon Effekt. Kryptos führen den Cantillon Effekt wieder ein. Bitcoin beseitigt den Vertrauensanspruch. Kryptos machen Vertrauen wichtiger denn je. Genau so wie zentralisierte Finanzinstitute.

Aber ist Bitcoin nicht tot?

Nein, es ist nicht tot. Es ist auch keine Modeerscheinung, plötzlich unbrauchbar oder wertlos. Was passierte, ist was seit Gedenken der Menschheit passiert: Menschen werden selbstgefällig, sie werden gierig und sie machen sich selber und anderen etwas vor.

Sobald Vertrauensschichten auf Bitcoin drauf gepackt werden, setzt man sich verschiedenen Schwachstellen und systematischen Risiken aus. Und das gilt für alle diese zentralisierten Institutionen, die sich nicht an die grundlegenden Prinzipien von Bitcoin halten*. Sprich für alle Institutionen der Krypto Welt. Solche Desaster wie jetzt während den letzten Wochen hat es schon öfter gegeben und wird es auch in Zukunft wieder geben. Zeit ist ein flacher Kreis.

Wieder ist eine zentralisierte Firma gescheitert. Wieder ist es unklar, wie viel der Inkompetenz, wie viel der Böswilligkeit und wie viel dem Betrügerischen geschuldet ist. Wieder haben Leute den falschen Leuten resp. Unternehmen vertraut. Wieder wurden sie bestohlen. Aber wieder blieb das Bitcoin Netzwerk unberührt.

Mittlerweile sollte es offensichtlich sein, dass von anderen Entitäten gehaltene Bitcoin nicht deine Bitcoin sind. Ebenso offensichtlich ist, dass Papier Bitcoin keine richtigen Bitcoin sind. Und es sollte noch viel offensichtlicher sein, dass sich gehebelte und derivative Produkte ähnlich gut vertragen wie Öl und Wasser.

All das gab es schon zu Genüge in der Vergangenheit. Und wie immer in der Geschichte wird es solche Situation auch künftig geben. Wieder werden Leute nicht auf erfahrenere Bitcoiner hören und wieder werden sie nicht ihre eigenen Bitcoin Schlüssel halten. Sie werden wieder dem Ruf des schnellen Geldes, höheren Zinsen und höheren Gewinnen erlegen und sie werden wieder in Trümmern liegen und nach Hilfe schreien.

A fool and their leveraged Bitcoin are soon parted. - Caitlin Long, CEO Custodia Bank

Und auch wenn alle Narren wieder ihr Geld verloren haben; wenn du, mein lieber Crypto bro, wieder von deinem Hero verarscht wirst; wenn du, mein geschätzter Fiat Freund, Bitcoin wieder mal für tot erklärst; wenn die Medien den 500. Nachruf verfassen; wird Bitcoin immer noch stillschweigend vor sich hin marschieren und sich keinen Deut um das Drama kümmern. Alle 10 Minuten ein neuer Block.

Aber was ist mit dem Preis? Ist der nicht gecrasht?

Momentan steht der Kurs bei ca. 16'000 USD. Und ja, er war mal bei über 65'000 USD und ist anschliessend um fast 80% auf den aktuellen Tiefstand von 16'000 USD gefallen.

Was aber wichtig ist: Der Preis in USD ist sowohl wichtig als auch irrelevant.

Wichtig ist er, weil Bitcoin einen Preis braucht um sich selber zu sichern. Der Preis korreliert mit der Hash-Rate (die wiederum mit der Sicherheit oder, genauer gesagt, der Abwicklungssicherheit vergleichbar ist). Er ist auch ein guter Indikator für die weltweite Akzeptanz. Und ja, wir verwenden in der Regel USD um den BTC-Preis zu messen. Leider ist der USD zum Zeitpunkt des Schreibens dieses Artikels immer noch die weltweite Leitwährung.

Wieso ist der Preis in USD aber irrelevant? Lass uns einige Fragen stellen und diese direkt beantworten:

  • Hat sich die Anzahl verfügbarer Bitcoin verändert? Nein.
  • Hat das Netzwerk gestoppt oder wurde es unterbrochen? Nein.
  • Kannst du immer noch Sats zu irgendjemandem auf der ganzen Welt schicken ohne dafür um Erlaubnis zu bitten? Ja.
  • Hält man richtig verwahrt immer noch gleich viel Bitcoin wie vor dem Crash? Ja.
  • Kann man die obigen Fragen allesamt immer noch einfach und günstig selber verifizieren? Ja.

Aus Sicht des Bitcoin Netzwerks hat sich also trotz des tieferen USD Preises nichts verändert.

Mit anderen Worten: Die Regeln des Netzes haben sich nicht geändert. Das Angebot ist nach wie vor ultimativ begrenzt. Alle 10 Minuten werden neue Transaktionen abgewickelt. Die Geldpolitik hat sich nicht geändert. Die Eigenschaften des Vermögenswertes haben sich nicht geändert. Ein Bitcoin ist nach wie vor gleich ein Bitcoin.

Während den ersten zehn Monaten seiner Existenz, lag der Bitcoin Preis bei Null USD. Und Bitcoin funktionierte damals genau so gut wie heute. Ohne einen zentralen Emittenten musste (und muss immer noch) Bitcoin in Bezug auf Wert, Verteilung und Sicherheit organisch wachsen. Das ist auch der Hauptgrund, wieso viele Menschen - mich eingeschlossen - glauben, dass sich die Geschichte von Bitcoin nicht wiederholen lässt. Ein knappes digitales Gut ist gezwungenermassen pfadabhängig und die Geschichte kann nicht einfach wiederholt werden.

Apropos Preis: Es ist hilfreich, die Dinge in einen breiteren Kontext zu stellen. Der nominale Preis ist ein Ausdruck eines relativen Verhältnisses. Somit hängt jeder Preis von der Einheit ab, die man zur Messung des Preises verwendet. Man muss den Preis bewusst in Relation zur ökonomischen Linse mit der man die Welt betrachtet, setzen.

So ist es beispielsweise wichtig zu erwähnen, dass die M2-Geldmenge in USD in den letzten zwei Jahrzehnten massiv gestiegen ist. Die jüngste Ausweitung um über 30 % war zu einem grossen Teil auf die geldpolitische Reaktion auf die weltweiten Abschottungsmassnahmen zurückzuführen. Mit anderen Worten: Wenn man den Wert der Dinge in USD misst, ist alles um mindestens 30 % verzerrt.

Wirtschaftliche Bewertungen machen wir meist in der jeweiligen Währung, mit der wir gezwungen sind tagtäglich zu interagieren. Ob unser wirtschaftliche Linse der USD, der EUR oder der CHF ist hängt hauptsächlich von der Geografie ab in der wir interagieren. Zugegeben, BTC ist noch nicht universell als Linse geeignet. Aber es ist nützlich als Vergleich zu Fiat-Währungen. Es ist nützlich, weil es ein Gegengewicht zur inflationären Geldpolitik der Fiat-Währungen darstellt. Es ist nützlich, weil es eben aufzeigt, dass aus Sicht von BTC, alles in Sats neu bewertet wird. Sogar das dumme Zeug, dass du vor ein paar Jahren gekauft hast.

Einige Linsen sind hilfreicher als andere:

Folglich sprechen Bitcoiner gerne von Kaufkraft, weil diese unabhängig vom Nominalwert an die Masseinheit der Fiat-Währung gebunden ist. Beispielsweise sieht die Preisentwicklung komplett anders aus, je nach dem, was als Mass verwendet wird. Ob es sich um USD (US-Dollar), ARS (argentinischer Peso), NGN (nigerianische Naira), VED (venezolanischer Bolívar) oder - um etwas ganz anderes zu wählen - den S&P 500, Gold oder Barrel Öl handelt, spielt für die Bewertung der Bitcoin Preisentwicklung eine grosse Rolle.

Insbesondere in der westlichen Welt sind wir uns nicht wirklich bewusst, durch welche Linse wir die Welt betrachten. Wir haben es meist mit "stabilen" Währungen zu tun. Das heisst, die Kaufkraft nimmt nur langsam ab. Wobei das insbesondere im restlichen Europa ausserhalb der Schweiz mittlerweile auch debattierbar ist (Anmerkung des Übersetzers). So oder so sollte man sich nicht täuschen: Alle Fiat Währungen sind inflationär. Sobald Geld gedruckt werden kann, wird Geld gedruckt. Die Verlockung war schon immer und wird auch immer zu gross bleiben.

Und so verfällt auch der Wert aller Fiat Währungen. Einfach in unterschiedlicher Geschwindigkeit. Wenn der Verfall allerdings schnell erfolgt - wenn Geld stirbt - wird die Verzerrung der Preise offensichtlich. Und wenn die Verzerrungen gross genug werden, bricht die langfristige wirtschaftliche Berechnung, sprich die ökonomische Linse - und damit auch das normale Leben - zusammen.

Die beiden obenstehenden Grafiken zeigen deutlich, dass Fiat-Währungen langfristig Kaufkraft verlieren. Bitcoin auf der anderen Seite ist so konzipiert, dass er sich im Laufe der Zeit stärker monetarisieren wird. Stärker monetarisieren bedeutet, dass der Preis anderer Vermögenswerte (bei sonst gleichbleibenden Gegebenheiten) gegenüber Bitcoin nachgeben wird.

Er wird sich weiter monetarisieren, weil Bitcoin wertvoll ist. Es ist dein Geld. Niemand kann daran etwas ändern. Niemand kann es entwerten. Niemand kann es dir wegnehmen (wenn es richtig gelagert wird). Niemand kann dich daran hindern, es auszugeben oder zu transferieren. In einer Welt des De-Platforming, des De-Banking und der CBDCs ist ein zensurresistentes, nicht beschlagnahmbares Geld an sich schon wertvoll. Wenn du damit nicht einverstanden bist, dann bitte "check your financial privilege".

Momentan steht Bitcoin auf Rang 28 weltweit, sowohl als Vermögenswert als auch im Vergleich mit anderen Fiat Währungen. Auf Platz 28 ist Bitcoin aber nur, weil er abgestürzt ist. Und abgestürzt ist er wegen der Gier der Menschen, weil sie sich verschulden, weil gehebelte Produkte verwendet wurden und weil es keine Rettungsmassnahmen gibt. Und doch monetarisiert sich Bitcoin weiter und funktioniert wie ein (Schweizer) Uhrwerk.

Aufgrund des festen Ausgabeplans von Bitcoin - seine vorbestimmte Ausgabe im Laufe der Zeit - ist der Preis das Einzige, um auf Adoptionswellen zu reagieren. Wie sonst, wenn nicht chaotisch und nur im Preis reflektierend, könnte sich ein Vermögenswert auf natürliche Weise monetarisieren, der keinen Emittenten hat? Oder, um Allen Farrington zu zitieren:

"What would it seem like if it did seem like a global, digital, sound, open source, programmable money was monetizing from absolute zero?"

Aber Bitcoin produziert ja gar nichts!

Falsch. Alle 10 Minuten wird ein neuer Block produziert. Das ist alles, was zählt. Und mit diesem Block wird ein weiteres Kapitel unauslöschlicher Geschichte geschrieben und das Kernversprechen von Bitcoin wird ein- und festgehalten: "Ich werde dich nicht bestehlen." Weder durch Entwertung noch durch Beschlagnahmung.

Wenn du glaubst, dass Bitcoin eine Rendite erwirtschaften sollte, dann siehst du die Welt immer noch durch eine Fiat-Brille. Dann bist du immer noch der Ansicht, dass dein "Geld arbeiten muss". Du hast nicht innegehalten und nachgedacht, wieso Geld an Wert verliert und wieso es in unserer Welt Rendite erwirtschaften muss.

Ich kann dir nachfühlen. Vor nicht allzu langer Zeit habe ich die Welt noch durch dieselbe Linse betrachtet. Ich war sogar optimistisch in Bezug auf "Kryptowährungen" und glaubte, dass ein unaufhaltsamer Weltcomputer eine tolle Sache wäre. Es hat sehr lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass das Drucken von Geld die Gesellschaft nicht bereichert, sondern genau das Gegenteil bewirkt.

Es dauerte auch sehr lange bis ich mir die folgenden Fragen stellte: "Warum braucht der hypothetische Weltcomputer eine eigene Währung? Warum bräuchte jedes Unternehmen eine eigene Währung? Warum braucht die zentralisierte Börse eine eigene Währung? Warum muss eigenes Geld gedruckt werden, damit das Unternehmen erfolgreich sein kann?"

Ich war früher selber ein Crypto Bro. Und es waren genau die obigen Fragen, die ich nicht wahrheitsgetreu beantworten konnte ohne mich weg von Crypto hin zu Bitcoin zu bewegen. Und als ich mich nur mit Fiat Währungen auseinandersetzte, wusste ich noch nicht mal, dass ich mir solche Fragen stellen müsste.

Das Schwierigste ist, sich von der Fiat-Mentalität zu befreien. Man muss einen Schritt zurück machen und sich ganz simple (aber nicht einfache) Fragen zu Geld stellen: Warum haben wir es, warum brauchen wir es, warum muss es knapp sein, warum können einige Leute es drucken, während die meisten dafür arbeiten müssen, und so weiter. Das sind schwierige Fragen. Diejenigen, die vom Gelddrucken profitieren, wollen nicht, dass man sich fragt "was ist im Jahre 1971 passiert?". Und diejenigen, die die Krypto Casinos betreiben wollen nicht, dass du fragst, "woher die Rendite kommt?".

Aber trotz des ganzen momentan Unfugs bin ich zuversichtlich. Schliesslich kann man "einige Leute hin und wieder täuschen, aber nicht alle Leute ständig."* Mehr und mehr Menschen werden lernen. Sie werden verstehen, ihre eigenen Schlüssel zu halten und sie werden selber nachrechnen wollen.

Diese Vermutung basiert nicht auf Hoffnung oder Glaube. Die On-Chain-Daten kann man folgendermassen zusammenfassen: "Verständnis erhöht die Überzeugung, Überzeugung erhöht die Allokation" - oder: je mehr man weiß, desto mehr wird gekauft.

So zeigen beispielsweise die so genannten "HODL Waves", dass es immer mehr Menschen verstehen. Sie verstehen die darunterliegenden Dynamiken und den Unterschied zwischen der Fiat- und Bitcoin-Geldpolitik. Das führt dann auch dazu, dass Bitcoin sowohl auf der persönlichen als auch auf der Unternehmensbilanz liegen*. 73% aller Sats (BTC) wurden seit über einem Jahr nicht mehr verschoben, d.h. wurden trotz des Preisrückgangs nicht verkauft.

Aber die Volatilität!

Volatilität, Volatilität, Volatilität. Das ganze Gerede über Volatilität verfehlt den eigentlichen Sinn von Bitcoin: tiefe, systemische Stabilität.

Bitcoin ist nicht volatil. Menschen sind volatil.

Menschliches Verhalten ist volatil. Bitcoin ist es nicht. Folglich kann der Marktpreis von Bitcoin volatil sein. Aber Bitcoin ist es nicht. Das Bitcoin-Netzwerk ist seit über einem Jahrzehnt kontinuierlich in Betrieb. Es ist vorhersehbar, beständig und zuverlässig. Aus dieser Perspektive ist Bitcoin das stabilste Ding, das es gibt.

Alle 10 Minuten wird ein neuer Block gefunden. Alle 10 Minuten erhöht sich die Zuverlässigkeit und Stabilität des gesamten Systems, unabhängig von Preisschwankungen.

Solange neue Blöcke hinzukommen, gibt es keinen Grund zur Sorge. Noch einmal: Es kommt sehr darauf an, mit welcher Brille du Bitcoin betrachtest. Mach eine Pause. Zoom out. Schau auf die Blöcke, nicht auf den Preis. Zeit, nicht Rendite. Basisgeld, nicht Kredit.

Aber ja, während der Bitcoin sich monetarisiert, sind Schwankungen in der Kaufkraft zu erwarten. Vernünftig ist, die Allokation entsprechend der eigenen Risikobereitschaft anzupassen. Eine 0 %-Allokation ist keine sinnvolle Position, denn eine 0 %-Allokation ist eine 100 %-Allokation in Vermögenswerten, die ein erhebliches Gegenparteirisiko haben. Oder noch schlimmer, in Vermögenswerten, die gar keine Vermögenswerte sind, sondern Verbindlichkeiten.

Aber ich bin schon zu spät!

Nein, bist du nicht. Wir sind immer noch ganz am Anfang des Bitcoin Prozesses. Alle denken immer, sie seien zu spät und hätten den Bus verpasst.

Die meisten Bitcoiner betrachten Bitcoin nicht als Investition. Es handelt sich um eine bahnbrechende Technologie, die es ermöglicht, Vermögen durch Raum und Zeit zu bewegen. Es geht nicht darum, in Fiat-Werten reich zu werden. Es geht um einen Ausweg, nicht um einen Umweg. Es geht darum, das Vermögen in Sats zu messen, nicht in USD, EUR oder irgendeiner anderen Münze. Dein Vermögen. Gehalten und kontrolliert durch dich.

Und deshalb ist es nie zu spät. Genau so wie es nie zu spät ist, Elektrizität oder das Internet zu verwenden, ist es nie zu spät auf den Bitcoin Standard zu wechseln.

Aber Bitcoiner sind alle so gemein!

Tu das Richtige! Lass deine Shitcoins fallen, egal ob auf Crypto- oder Fiat-Basis. Starte klein und übernimm Verantwortung. Lerne, wie du Bitcoin selber verwahren kannst. Stell sicher, dass du werthaltiges produzierst, gib weniger aus als du verdienst und starte mit einem kleinen Bitcoin Sparplan. Starte damit, dein Erspartes in Sats zu messen.

Oder eben nicht! Du kannst auch weiterhin im Crypto Wonderland bleiben und Affenbilder und Aktien von Schneeballsystemen kaufen. Du kannst auch den Lügen des nächsten autistischen Wunderkinds aufsitzen und glauben, dass Fundamentaldaten und Prinzipien keine Rolle spielen. Du kannst aber natürlich auch in der Fiat-Sklaverei stecken bleiben und kein Problem damit haben, dass dein Erspartes mit 2-9% pro Jahr gestohlen wird. Du darfst natürlich weiterhin der Überzeugung sein, dass alle Probleme mit dem Drucken von x-Milliarden Fiatgeld gelöst werden. Musst du aber nicht.

So oder so, Bitcoin interessiert's nicht. Aber sobald (nicht falls) die nächste zentralisierte Abscheulichkeit implodiert, und sobald (nicht falls) Bitcoin wieder neue Höchststände erreicht und die Medien wieder von einer Bubble sprechen, und wenn der Kurs danach wieder korrigiert, und wenn sich all die Narren nicht von Münzen trennen können, die sie zu besitzen glaubten, dann denk bitte daran: Du hättest es besser wissen müssen. Du hättest deine eigenen Schlüssel halten können. Du hättest deine eigene Node betreiben können. Du hättest bescheiden bleiben können und einfach Sats auf die Seite legen. Du hättest den toxischen Bitcoiner zuhören können. Du hättest zwei Bücher lesen können. Du hättest dich von den Schneeballsystemen und den Betrügereien verabschieden können. Aber du hast es nicht getan. Und es gibt nichts und niemand ausser dir selbst, der die Verantwortung dafür trägt.

Viel Glück!

Anmerkungen und Spenden

Wie in der Einleitung geschrieben, der gesamte Text stammt aus der Feder von Gigi. Ich muss zugeben, dass das Übersetzen schwieriger war als angenommen. Falls du also dem Englischen mächtig bist, empfehle ich den Text noch in Originalsprache zu lesen. Da ist die Sprache wohl noch etwas geschliffener.

So oder so ist die Arbeit von Gigi von enormer Bedeutung. Siehst du das auch so, dann kannst du gerne etwas über diese Lightning Adresse direkt an ihn spenden.

Der Artikel wurde unter der Lizenz CC BY-SA 4.0 veröffentlicht und darf gerne weiterverwendet werden. Sowohl das Original als auch die Übersetzung. Bitte einfach immer auf die Lizenz und die Autoren referenzieren.

* Fussnoten

1) LOL
2) Dieses Chaos muss man sich mal anschauen
3) Don't give up the fight - Bob Marley
4) "Crypto" hat keine Geldpolitik, weshalb man es auch gar nicht erwähnen müsste. Aber wenn du trotzdem mehr darüber erfahren möchtest, dann kannst du Lyn Alden's Artikel über Ethereum lesen. Oder sonst schau dir einfach dieses oder dieses Bild an.

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