Zentralisierung von Mining: Eine Gefahr für Bitcoin?

Zentralisierung von Mining: Eine Gefahr für Bitcoin?

Die Hashrate von Bitcoin wird vermehrt von ein paar wenigen Minern kontrolliert. Eine Herausforderung, die im schlimmsten Fall nicht das Ende von Bitcoin bedeuten würde, aber doch signifikanten Effekt auf den Preis hätte.

Phil Lojacono

Hallo zusammen

Vor ein paar Monaten habe ich darüber geschrieben, dass Bitcoin unbedingt bessere Kritiker braucht. Bislang fand ich noch keine vernünftige Kritik zu Bitcoin von einer Person, die mehr als 100 Stunden in die Materie investierte. Doch jetzt sind plötzlich warnende Stimmen aufgetaucht von Leuten, die mehrere tausend Stunden in Bitcoin investierten.

Kein Wunder wird man hellhörig. Und zwar geht es um die Zentralisierung, und damit die Zensuranfälligkeit, von Bitcoin Mining.

Wir versuchen dem heute mit einfachen Worten auf den Grund zu gehen und zu definieren, ob Bitcoin als solches in Gefahr ist.

Der Dank geht raus an Marty Bent, der mit diesem Post und diesem Podcast (zusammen mit Matt Corallo) Licht auf eine meiner Meinung noch nicht genug beleuchtete Herausforderung warf.


TLDR - Alles Relevante in weniger als 60 Sekunden

  • Die Hashrate ist zu stark zentralisiert. Der grösste Mining Pool, AntPool, verwaltet de-facto fast 50% der gesamten Hashrate.
  • Die kleineren Miner, die einem Pool angeschlossen sind, tun gut daran, die Situation zu analysieren und ggf. zu einem AntPool unabhängigen Mining Pool zu wechseln.
  • Im worst case können mit >50% der Hashrate Transaktionen zensiert werden
  • Es gibt technische Möglichkeiten, dies abuwenden. Des hätte aber kurz- bis mittelfristig signifikanten Effekte auf den Bitcoin Preis.
  • Zerstören würde es Bitcoin nicht, aber es ist eine gute Erinnerung, dass wir noch nicht am Ziel sind.

Anzahl Wörter: 1'050, Lesezeit: ca. 8 Minuten 10 Sekunden

First things first: Was ist Bitcoin Mining und wie funktioniert es?

Sehr stark vereinfacht ist Bitcoin Mining der Prozess, neue Transaktionen in die Timechain (Bitcoin Blockchain) zu schreiben. Ungefähr alle zehn Minuten (mehr dazu hier) entsteht ein neuer Block. In diesem Block werden die neusten Transaktionen gespeichert.

Miner kämpfen gegenseitig um das Recht, diesen Block schreiben zu dürfen. Derjenige Miner, der den Block als Erstes findet, erhält dafür 3.125 Bitcoin. Im oben verlinkten Artikel habe ich diesen Prozess ausführlicher beschrieben.

Herausforderung kleinerer (Home-)Miner

Dieser Kampf um das Finden der Blöcke kann man gewinnen durch modernste Infrastruktur und Strom. In Kombination redet man von der investierten Hashrate, die aktuell die Transaktionen besichert.

Eine der grossen Stärken von Bitcoin ist die Sicherheit. Diese Sicherheit wird durch ebendiese Hashrate sichergestellt.

D.h. im Gegensatz zu den meisten anderen Cryptocoins kann man bei Bitcoin nicht einfach kommen und mit seinem Laptop ein paar neue Transaktionen schreiben oder verändern. Dafür ist das Netzwerk viel zu gross und dementsprechend zu sicher.

Die kontinuierliche und starke Erhöhung der Hashrate ist also eine sehr gute Sache und wir sollten froh darüber sein.

Auf der anderen Seite bedeutet es aber auch, dass ich als kleinerer Miner nur sehr sehr geringe Chancen habe, einen Block alleine zu finden. Es ist quasi wie bei einer Lotterie. Wenn man 30'000 Lose besitzt, ist die Chance nun mal sehr viel grösser, zu den Gewinnern zu gehören, als wenn man ein Los besitzt.

Diese Problem hat Bitcoin durch so genannte Mining Pools gelöst.

Funktion von Mining Pools und Konzentration der Hashrate

Mining Pools sind Unternehmen, die die investierte Energie von vielen kleineren Minern konsolidieren.

Stellt euch ein Unternehmen vor mit Einnahmen von jährlich CHF 1.2 Millionen, verteilt auf 12 Monate. Für diese Einnahmen braucht es den Einsatz von 10 Mitarbeitern. Jetzt gibt es zwei Optionen:

  1. Zehn Mitarbeiter gehen jeden Tag zur Arbeit (d.h. investieren Zeit und Energie = proof-of-work) und jeden Monat gibt es eine Lotterie, wer die CHF 100k mit nach Hause nimmt.
  2. Sie arbeiten zusammen, konsolidieren ihre Arbeit (= Hashrate = proof-of-work) und zahlen sich je CHF 10k Lohn pro Monat aus.

=> Im Fall 1 würde das Unternehmen vermutlich nicht lange überleben. Die Mitarbeiter könnten es sich nicht leisten resp. könnten sie das Risiko nicht eingehen. Fall 2 scheint dann doch vielversprechender.

Das führt dann zu ebendiesen Mining Pools mit folgender Konzentration an der gesamten Hashrate:

mempool.space

Wieso man davon ausging, dass die Zentralisierung der Mining Pools KEIN Problem ist

Dass es diese Konzentration der Mining Pools gibt, war schon immer bekannt. Häufig wurde diese Herausforderung - auch von mir - mit dem Argument gekontert, dass die Pools ja nicht eigentliche Miner sind.

Sprich, verhält sich ein Mining Pool nicht korrekt, würden die darunterliegenden Miner einfach einem anderen Pool ihre Hashrate (= investierte Energie = proof-of-work) zur Verfügung stellen.

Im Sinne von, wenn ich zu Hause mit meiner Solaranlage Bitcoin mine, würde ich mich bspw. dem F2Pool anschliessen. Agiert der nicht im Sinne des Bitcoin Protokolls, sondern schaut nur auf seine kurzfristigen Eigeninteressen, würde ich sofort zum Braiins Pool oder so wechseln.

Nur ging man immer davon aus, dass es keinen Pool mit mehr als ca. 24% der Hashrate (aktuell AntPool) gibt.

Das hat sich jetzt als de-facto falsch herausgestellt.

Wieso diese Konzentration eben doch ein Problem ist

Nun hat der anonyme Twitter Account 0xB10C hier aufgezeigt, dass verschiedene Pools das exakt gleiche Template wie der AntPool verwenden bei der Zusammenstellung der Blöcke:

Das hört sich jetzt alles furchtbar kompliziert an und im Tweet (ja, wir nennen es immer noch Twitter...) kommen viele Fachbegriffe vor.

So kompliziert ist es aber eigentlich nicht.

Es heisst erstmal, dass fast 50% der Hashrate mehr oder weniger kontrolliert wird durch eine Entität. Das hat vermutlich weniger böse und verschwörungstheoretische Gründe, sondern ist schlicht und einfach wirtschaftlichen Gründen geschuldet.

Und zwar gibt es bei diesem Pooling zwei verschiedene Optionen, die gewonnenen Bitcoin an die Miner auszuzahlen. Eine ist sehr kapitalintensiv, aber attraktiver für Miner. Für kleinere Pools meist zu kapitalintensiv. Dass sie das dennoch so anbieten können, braucht es einen Geldgeber/Sponsor.

Und dieser Sponsor/Finanzierer scheint AntPool zu sein. Im Gegenzug für die zur Verfügung gestellte Liquidität verlangt AntPool offensichtlich, dass die gleichen Auswahlkriterien bei der Block Zusammenstellung verwendet werden.

Das macht erstmal wirtschaftlich Sinn, ist aber ein Problem. Und zwar wird das Problem noch etwas grösser, wenn man bedenkt, dass AntPool zum erweiterten Netzwerk von Bitmain gehört. Bitmain ist der grösste Hersteller von Mining-Hardware und deren Gründer, Jihan Wu, ist in der Vergangenheit schon öfter negativ aufgefallen durch das Bedürfnis, Bitcoin in den Händen weniger zu zentralisieren (Stichwort Blocksize wars, welche zur Abspaltung von Bitcoin Cash und Bitcoin SV führte). Sie haben damals die falsche Seite, die der gierigen Unternehmen, unterstützt und wurden anschliessend vom Markt abgestraft.

Ist das Grund zur Panik und was können wir dagegen tun?

Panik nicht. Aber eine Mahnung ist es allemal, dass wir noch nicht am Ziel sind.

Das oberste Credo bei Bitcoin ist, dass die Nodes die wichtigsten Akteure der Dezentralisierung sind. Die Node Betreiber sagen im Endeffekt wo's lang geht und welche Regeln gelten.

Bitcoin Miner sind wirtschaftlich incentivierte Auftragnehmer des Protokolls, resp. der Node Betreiber. Spielen sie nicht nach den Regeln, können sie rausgekickt werden.

Nur, das hätte natürlich signifikante Folgen für den Bitcoin Preis und dementsprechend kurz- bis mittelfristig auch für die Sicherheit. Miner rauszukicken wäre nicht trivial und die Hashrate ist wohl auch nicht ganz so schnell zu einem neuen Pool umgeleitet wie gedacht.

Die tabularasa Option wäre, die Hash Funktion zu ändern und somit sämtliche Hardware Investitionen der Miner obsolet zu machen.

Es gibt also Optionen, sollte Bitmain (mit AntPool) krumme Dinge versuchen und Transaktionen zensieren wollen. Aber alle Optionen hätten einen kurz- bis mittelfristigen Effekt (je nach dem mehr oder weniger) auf den Bitcoin Preis. Zerstören wird es Bitcoin nicht - aber kurzfristig schwächen im worst case allemal.

Was können wir also tun?

Kontinuierlich beobachten, wie sich die Situation entwickelt. Leute aufklären und Mining Pools dazu anhalten, sich an die Regeln zu halten.

Und natürlich: Eine eigene Node betreiben und damit dem Netzwerk eine weitere Stimme der Vernunft geben!

Meme of the week: Ein Herz für Regulatoren

Kommentare